Unsere Forderungen

Wir fordern den Bundeskanzler auf, die folgenden einfachen Wahrheiten in einer Regierungserklärung auszusprechen:

  1. Der Fortbestand der menschlichen Zivilisation ist durch die Klimakatastrophe extrem gefährdet.
  2. Der CO₂-Gehalt in der Luft ist viel zu hoch (0,42 ‰). Der Weltklimarat zeigt einen Weg (SSP1-1.9 “1,5°-Pfad”), mit dem die Menschheit die beste Überlebenschance hat.
  3. Dieser Pfad hat einen Zielwert von 0,35 ‰ (bis zum Jahr 2150). Das bedeutet, es sind bereits jetzt hunderte Gigatonnen zu viel CO₂ in der Luft.
  4. Wir müssen jetzt, wenn auch mit Jahren Verspätung, radikal umsteuern.

Die Begründung:

Das Leben auf dem Planeten Erde ist im Krisenzustand. Wir befinden uns mittlerweile auf unbekanntem Terrain. Seit mehreren Jahrzehnten warnen Wissenschaftler:innen vor extremen klimatischen Entwicklungen, hervorgerufen durch menschliche Aktivitäten und eine fortgeschrittene Belastung der Atmosphäre
durch Treibhausgase.
Die Zeit drängt sehr. Wir sehen die Manifestation der Vorhersagen der Klimawissenschaft in einer alarmierenden und beispiellosen Abfolge von Extremereignissen, die erschütternde Szenen menschlichen Leidens produzieren.
Im Juli 2023 kommentierte UN-Generalsekretär Antonio Guterres die Situation mit den Worten: “The era of global warming has ended. The era of global boiling has arrived.”

Wie der EU-Klimadienst Copernicus im Februar 2024 bekannt gab, hat die globale Durchschnittstemperatur erstmals zwölf Monate lang über 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter gelegen [1]. Zudem war die atmosphärische CO₂-Konzentration sicher die letzten 800000 Jahren niedriger als heute und lag zuletzt vermutlich vor circa 15 Mio. Jahren auf einem ähnlich hohen Niveau [2] [3] [4] wie 2022 (417 ppm = 0.417 ‰) [5].

Diese klimahistorischen Daten legen nahe, dass sich unsere Erde langfristig auf klimatische Bedingungen zubewegt, die einen vollkommen anderen Planeten schaffen, als die Menschheit ihn in ihrer Zivilisation  je erlebt hat.
CO₂-Verhältnisse wie im Holozän (seit Ende der letzten Eiszeit) mit maximal 350 ppm sind die einzigen von denen wir gesichert wissen, dass sie Gesellschaften ermöglichen [6][7]. 

Auch der vom IPCC skizzierte „shared socioeconomic pathway“ SSP1-1.9 (“very low”), welcher den Weg zur Einhaltung der 1,5 °C-Grenze vorzeichnet, hat das Erreichen der 350 ppm Marke bis zum Jahr 2150 zum Ziel [8]. Diese Minderung des Gehalts an Treibhausgasen in der Atmosphäre ist alternativlos, da der weitere Temperaturanstieg bei dem gegenwärtigen Gehalt die Gefahr einer katastrophalen Entwicklung in sich trägt. Dass wir diese Erhitzung im Moment in ihrer Drastik noch nicht spüren, darf uns nicht in falscher Sicherheit wiegen: Die gesamte Erhitzung bei gleichbleibendem CO2 wird aufgrund der Trägheit des Klimasystems (Atmosphäre, Ozeane und vor allem Eisschilde) nur sehr langsam über Jahrhunderte erreicht. Dadurch drohen aber, bei einem Abschmelzen der Westantarktischen und Grönland-Eisschilde mindestens 8-10 m Anstieg. Ganze Landstriche würden in der Folge unbewohnbar werden und im Meer versinken [9].

Fast alle Staaten der Erde haben auf der 21. UN-Klimakonferenz 2015 (COP 21) mit dem Übereinkommen von Paris bekräftigt, dass sie sämtliche Anstrengungen unternehmen wollen, um den menschengemachten globalen Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen [10]. Der 1,5-Grad-Pfad wurde aus­gewählt, weil bei einem Anstieg darüber die Situation nicht nur katastrophal sein könnte, sondern hinsichtlich der natürlichen Lebensgrundlagen vollkommen außer Kontrolle gerät: Oberhalb von ca. 1,5 °C Erwärmung steigt das Risiko, dass sogenannte Kippelemente im globalen Klimasystem ausgelöst werden, stark an [11]. Das bedeutet unter anderem:

  • Ein Abtauen des grönländischen Eisschildes, wodurch der Meeresspiegel um bis zu sieben Meter ansteigen kann.
  • Das Absterben des Great Barrier Reef (weltweit größtes Korallenriff).
  • Eines teilweisen Kollaps des Westantarktischen Eisschildes, der den globalen Meeresspiegel um mehrere Meter ansteigen lassen würde.

Weiterhin droht ein Auftauen der sibirischen und nordamerikanischen Permafrostböden, wodurch große Mengen Methan freigesetzt werden, was die Erderhitzung nochmals verschärfen würde. Um diese Katastrophen noch abwenden zu können, ist es notwendig, das Emittieren von CO₂ schnellstmöglich zu stoppen, denn schon jetzt beträgt die CO₂-Konzentration in unserer Atmosphäre 420 ppm. Deutschland ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Erde und das Land, das hinsichtlich historisch kumulierter CO₂-Emissionen weltweit den sechsten Platz belegt [12]. Zudem wurden bereits 2021 die von der Bundesregierung bisher ergriffenen Maßnahmen zum Klimaschutz vom Bundesverfassungsgericht als unzureichend und somit nicht verfassungskonform eingestuft. Seitdem führt zwar ein Mann die Regierungsgeschäfte, der sich selbst als “Klimakanzler” betitelt, dabei jedoch keinerlei Skrupel verspürt, in Rekordtempo neue fossile Infrastrukturen in Form von LNG-Terminals aus dem Boden zu stampfen.  Der Bundeskanzler erfüllt damit nicht seinen Amtseid (“Schaden vom deutschen Volk abzuwenden…” und “die Verfassung zu wahren” z.B. Art20aGG) und bricht fortlaufend die Verfassung.

Mit dieser öffentlich zur Schau gestellten Doppelmoral wird ein effektiver Schutz unserer Lebensgrundlagen ferne Utopie bleiben. Es braucht das Eingeständnis, welch verheerende Auswirkungen die von uns Tag für Tag forcierte Erderhitzung auf das Leben von mehreren Milliarden Menschen (das IPCC nennt eine Zahl von 3.3-
3.6 Milliarden Menschen [13]) heute schon hat und vielfach verstärkt in Zukunft haben wird. Dazu gehören beispielsweise die Häufung von Extremwettern in Kombination mit Dürre, Überflutungen oder Flächenbränden, aber auch das vermehrte Auftreten von Zoonosen [14], die das Potential haben, akut das gesamte
gesellschaftliche Leben lahm zu legen. Dabei wird die Erderhitzung auch Aspekte globaler (Un)Gerechtigkeit schonungslos offenlegen: dem IPCC zufolge sind es insbesondere die Menschen in Afrika, Asien, Zentral und Südamerika sowie in kleinen Inselstaaten, die am ehesten von Klimawandel induzierten Folgen wie
akutem Nahrungsmangel und verringerter Sicherheit der Trinkwasserversorgung betroffen sind [14].

Das IPCC bestätigt außerdem, dass sich auch im globalen Norden eine Korrelation zwischen sozialem Status und Betroffenheit von den Folgen der Erderhitzung nachweisen lässt: unter Hitzewellen und urbaner Wasserknappheit leiden in erster Linie ökonomisch und sozial marginalisierte Schichten. [15]

Es braucht einen radikalen Wandel in Politik und Gesellschaft, um die schon jetzt verheerenden Folgen der Klimaerhitzung in Zukunft noch bestmöglich eindämmen zu können. Wir wollen die Bundesregierung und unseren Kanzler Olaf Scholz an die Pflicht erinnern, die Lebensgrundlagen der jetzigen und zukünftiger Generationen gemäß Grundgesetz Artikel 20a zu schützen. Um hier in Deutschland bestmöglich
unseren Teil zu dieser globalen Kraftanstrengung beitragen zu können, braucht es unserer Überzeugung nach von Seiten unserer politischen Entscheidungsträger:innen vor allem eines: schonungslose Ehrlichkeit.

Quellen:

[1] https://www.tagesschau.de/wissen/erderwaermung-copernicus-100.html
[2] https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.0708588105
[3] https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1029/2009GL040279

[4] https://www.science.org/doi/10.1126/science.adi5177
[5] https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/atmosphaerische-treibhausgas-
konzentrationen#kohlendioxid-
[6] Hansen, J. et al., Target Atmospheric CO₂ : Where Should Humanity Aim?, Open Atmos. Sci. J., 2, 217–231, 2008.
[7] Rockström, J. et al., Safe and just Earth system boundaries“, Nature, 619, 102–111, 2023, doi:10.1038/s41586-023-06083-8.

[8] Meinshausen, M. et al., The shared socio-economic pathway (SSP) greenhouse gas concentrations and their extensions to 2500, Geoscientific Model Development, 13, 3571–3605, 2020.
[9] Clark, P. U. et al. Consequences of twenty-first-century policy for multi-millennial climate and sea-level change. Nature Clim. Change, 6, 360–369 (2016).

[10] https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/paris_abkommen_bf.pdf
[11] https://www.pik-potsdam.de/~stefan/PublicationsKipppunkte%20im%20Klimasystem%20-%20Update%202019.pdf
[12] https://www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/historische-verantwortung-fuer-die-klimakrise–deutschland–nur–auf-platz-6-aller-laender-30807594.html
[13] https://www.de-ipcc.de/media/content/Hauptaussagen_AR6-WGII_deutsch.pdfaq
[14] IPCC-Bericht 2022 (Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung): S. 9
https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg2/downloads/reportIPCC_AR6_WGII_SummaryForPolicymakers.pdf
[15] ebd. S.10



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