Bereits im November 2022 machte UN Generalsekretär António Guterres deutlich:
„We are in the fight of our lives. And we are losing. Greenhouse gas emissions keep growing. Global temperatures keep rising. And our planet is fast approaching tipping points that will make climate chaos irreversible. We are on a highway to climate hell with our foot still on the accelerator.” (1)
Anlässlich dieser katastrophalen Situation ist es den Psychologists / Psychotherapists for Future e.V.(Psy4F) ein dringendes Anliegen, zu dem seit 7. März 2024 durchgeführten Hungerstreik der Klimaaktivist*innen vor dem Berliner Kanzleramt Stellung zu beziehen und uns hinter deren Forderungen zu stellen. Wir verstehen den Hungerstreik als Ausdruck einer der dramatischen Situation angemessenen, drängenden emotionalen Not.
Die Protestierenden fordern die Bundesregierung auf, die folgenden Punkte in Form einer Regierungserklärung anzuerkennen:
Der Fortbestand der menschlichen Zivilisation ist durch die Klimakatastrophe extrem gefährdet.
Der CO2-Gehalt in der Luft ist viel zu hoch (0,42 ‰). Der Weltklimarat zeigt einen Weg (SSP1-1.9 “1,5°-Pfad”), mit dem die Menschheit die beste Überlebenschance hat.
Dieser Pfad hat einen Zielwert von 0,35 ‰ (bis zum Jahr 2150). Das bedeutet, es sind bereits jetzt hunderte Gigatonnen zu viel CO2 in der Luft.
Wir müssen jetzt, wenn auch mit Jahren Verspätung, radikal umsteuern.
Der Club of Rome beschreibt dazu 5 notwendige Kehrtwenden:
Armutsbekämpfung durch Veränderung des globalen Finanz- und Wirtschaftssystems
Geschlechtergerechtigkeit durch Bildung, Absicherung und Gesundheitsversorgung
Verringerung sozialer Ungleichheit durch progressive Besteuerung und Stärkung von Arbeitnehmerrechten
Eneuerbare Energiegewinnung und Effizenzsteigerung
Umstellung der Nahrungsmittelproduktion durch neue (z.B. regenerative) Anbautechniken, gesündere Ernährungsweise und weniger Nahrungsmittelverschwendung (2)
Als Psy4F engagieren wir uns mit unserer psychologischen und psychotherapeutischen Expertise für die schnelle und umfassende Bewältigung der sozial-ökologischen Krisen sowie für die Förderung einer nachhaltigen, gesunden, demokratischen, sozial und global gerechten Zukunft. Wir wollen gesellschaftliche und individuelle Transformationsprozesse im Zusammenhang mit der globalen Krise zum Wohle der Gesellschaft professionell einordnen und stützend begleiten. Die sozial-ökologischen Krisen lösen eine Vielzahl bewusster und teils unbewusster Gefühle in uns allen aus: Angst, aber auch Scham, Schuld, Trauer, Ohnmacht und Wut. Die Menschen sind zu Recht existentiell verunsichert. In der Folge nehmen Erschöpfungszustände und psychische Erkrankungen zu. Auf gesellschaftlicher Ebene zeigen sich vermehrt Ein- und Ausschlussprozesse, Spaltungen, sowie Fluchten ins Autoritäre oder Private. Wir stehen für die Förderung von individueller und kollektiver Resilienz, damit sich Menschen tatkräftig für die Abwendung dieser Gefahren einsetzen (3). Menschen kann die Wahrheit zugemutet werden. Tatsächlich erachten wir es als grundlegend, dies zu tun.
Wir schließen uns der „Forderung nach Ehrlichkeit“ der Hungerstreikenden im Sinne von Bewusstwerdung und Einsicht an. Der Akt des Hungerns verweist in grausamer Form auf die existenzielle Dimension, die mit der Klimakrise verbunden ist und darauf, dass es endlich Zeit ist, sich mit dieser existenziellen Gefahr auseinanderzusetzen. Wir alle sind vollkommen auf unsere Erde als unsere Lebensgrundlage angewiesen. Es gilt anzuerkennen, dass wir Teil dieses großen Ganzen sind.
Allerdings ist es uns als Psy4F wichtig, vor den selbstschädigenden Folgen bestimmter klima-aktivistischer Aktionen zu warnen. Einen Hungerstreik können wir deshalb, auf Grund der damit verbundenen lebens- und gesundheitsbedrohlichen Aspekte nicht gutheißen. Auch ist zu fürchten, dass ihm weitere Menschen folgen werden, was hochgradig bedenklich und besorgniserregend ist.
Politiker*innen fällt dabei die vorrangige Aufgabe zu, in diesem gesellschaftlichen Bewusstwerdungsprozess Führung zu übernehmen, d. h. die Tatsachen zu benennen, die Realität zu akzeptieren und in das eigene Handeln zu integrieren. So kann die Politik auf demokratischem Weg Menschen in dieser beängstigenden Zeit Halt und Orientierung geben und sie gleichzeitig zur Mitgestaltung dieser grundlegenden sozial-ökologischen Transformation einladen.